Der neue Zollkodex der Europäischen Union: Belgische Handhabung des Nachweises der Mehrwertsteuerbefreiung für den Export

Der neue Zollkodex der Europäischen Union:
Belgische Handhabung des Nachweises der Mehrwertsteuerbefreiung
für den Export

 

Beitrag von Rechtsanwalt Johan De Ridder, veröffentlicht in NWB Internationales Steuer- und Wirtschaftsrecht Nr. 19 vom 14.10.2016, S. 716 ff., zum Beitrag

 

Zum 01. Mai 2016 trat in der Europäischen Union die Regelungen des neuen Zollkodex in Kraft. Die Mehrwertsteuerrichtlinie 2006/112/EG wurde nach dem Inkrafttreten des Zollkodex jedoch nicht geändert. Dies hat zu Folge, dass die mehrwertsteuerlichen Grundsätze betreffend des Im- und Exports unverändert anwendbar bleiben. Trotzdem ergibt sich in Belgien eine wichtige Änderung betreffend den Nachweis eines von der Mehrwertsteuer freigestellten Exports von Waren (Beschluss Nr. E.T. 129.169 vom 20. Mai 2016; Fisconetplus).

 

1. Neue Definition des Begriffs „Exporteur“ in Zollangelegenheiten

Der alte Zollkodex wurde per 01. Mai 2016 durch den neuen Unionszollkodex (Verordnung (EU) Nr. 952/2013 vom 09. Oktober 2013, Amtsbl. 296,1 - im Folgenden „UZK“) ersetzt. Im UZK findet sich unter anderem eine neue Definition des Begriffs „Exporteur“. Für Zollangelegenheiten regelt Art. 1 (19) der delegierten Verordnung Nr. 2015/2446 vom 28. Juli 2015, dass Personen, die nicht im Zollgebiet der Europäischen Union ansässig sind, fortan nicht mehr als „Exporteur“ klassifiziert werden können.

Konkret bedeutet dies, dass der in der Zollanmeldung genannte Exporteur nunmehr in der EU ansässig sein muss. Verkauft indes ein nicht in der EU ansässiges Unternehmen Waren aus seinem sich in Belgien befindlichen Lager für den Export, so darf dieses Unternehmen in der Zollanmeldung grundsätzlich nicht als „Exporteur“ angeführt werden. Als Folge dieser strengeren zollrechtlichen Regelung kann es nun in bestimmten Kaufsituationen dazu kommen, dass der zollrechtliche Exporteur und der mehrwertsteuerrechtliche Exporteur nicht länger übereinstimmen.

 

2. Mehrwertsteuerbefreiung für den Export

Im Mehrwertsteuerrecht wird die Lieferung von Waren, die durch oder auf Rechnung des Verkäufers bzw. durch oder auch Rechnung eines nicht im Versandmitgliedsstaat ansässigen Käufers an einen Ort außerhalb der Europäischen Union versandt oder befördert werden von der Mehrwertsteuer freigestellt (Art. 39 § 1, 1° und 2° belgisches Mehrwertsteuergesetz – im Folgenden: MwStG; Art. 146 Absatz 1, a) und b) Richtlinie 2006/112/EG). Diese Freistellung bleibt weiterhin vollumfänglich bestehen.

Diese Freistellung knüpft nach belgischem Recht indes an strenge formale Beweisvoraussetzungen an. So muss der Verkäufer der Waren zu jeder Zeit die Dokumente in seinem Besitz haben, aus denen sich die Authentizität des Exports ergibt; er muss sie auf Ersuchen der mit der Kontrolle beauftragten Behörde jederzeit vorlegen können. Bei diesen Dokumenten handelt es sich unter anderem um „Bestellscheine, Beförderungsdokumente, die Zahlungsbelege und die Ausfuhranmeldung“ (Art. 3 Königlicher Erlass Nr. 18). Im Hinblick auf die Nachweispflicht betreffend das Bestehen eines Anspruchs auf Freistellung vertritt die belgische Behörde den Standpunkt, dass der Lieferant, der die Waren unter Anwendung der Mehrwertsteuerbefreiung gemäß Art. 39 § 1, 1° oder 2° belgisches MwStG verkauft hat, auf der Zollanmeldung als „Exporteur“ zu nennen ist (Administratives MwSt.- Handbuch, 01. Februar 2012, Nr. 265, Punkt B). Wie bereits dargestellt, kann indes ein nicht in der EU ansässiges Unternehmen fortan nicht mehr „Exporteur“ im zollrechtlichen Sinne sein. Dies bedeutet, dass ein nicht in der EU ansässiges Unternehmen, welches von Belgien aus für den Export bestimmte Waren verkauft, sich nicht mehr auf die Zollanmeldung als Nachweismittel für die Anwendung der Mehrwertsteuerbefreiung berufen kann.

 

3. Anpassung der belgischen Beweisregelung

Aufgrund der ausschlaggebenden Rolle, die die belgische Behörde der Bezeichnung „Exporteur“ auf der Zollanmeldung für den Nachweis der Mehrwertsteuerbefreiung beimisst, drängte sich eine Neuerung der belgischen Regelungen nach Einführung des neuen Zollkodex förmlich auf. Um nun „die Ausfuhranmeldung als Nachweis für die Mehrwertsteuerbefreiung nicht zu verlieren, haben sich die belgische Zoll- und Akzisenverwaltung und die belgische Steuerverwaltung dahingehend geeinigt, dass der mehrwertsteuerrechtliche Exporteur (Name und MwSt.-Nummer) in Zukunft stets gesondert auf der Zollanmeldung zu vermelden ist. Dies gilt auch in denjenigen Fällen, in denen der zollrechtliche Exporteur und der mehrwertsteuerrechtliche Exporteur übereinstimmen.“

Konkret bedeutet dies nun, dass der Verkäufer, der sich auch in Zukunft auf die Angaben auf der Zollanmeldung als Nachweis für eine Mehrwertsteuerbefreiung berufen möchte, zweimal auf ebendieser Zollanmeldung als Exporteur anzuführen ist: einmal als zollrechtlicher Exporteur und einmal als mehrwertsteuerrechtlicher Exporteur. Diese formelle Verpflichtung beschränkt sich nicht alleine auf nicht in der EU ansässige Unternehmen, sondern gilt fortan als allgemeine Verpflichtung. Als Beispiel sei ein deutsches Unternehmen angeführt, welches Waren aus seinem sich in Belgien befindlichen Lager an einen Schweizer Kunden verkauft. Übernimmt das deutsche Unternehmen die Beförderung der Waren, so ist es unter zollrechtlichen Gesichtspunkten als Exporteur anzusehen und muss somit auf der Zollanmeldung als solcher genannt werden. Zusätzlich ist indes das Unternehmen auch als mehrwertsteuerlicher Exporteur auf den Zolldokumenten zu benennen. Exportiert nun ein Schweizer Verkäufer Waren vom Antwerpener Hafen aus an einen Abnehmer in den Vereinigten Staaten, so kann dieser infolge der Regelungen des neuen Zollkodex grundsätzlich nicht mehr als zollrechtlicher Exporteur auftreten. Aus mehrwertsteuerlicher Sicht hingegen bleibt das Schweizer Unternehmen Exporteur, der zum Zwecke der Mehrwertsteuerbefreiung als mehrwertsteuerlicher Exporteur auf den Zolldokumenten anzugeben ist.

 

4. Empfehlung

Möchte man in den Genuss der Mehrwertsteuerbefreiung für Exporte im Sinne des Art. 39 § 1, 1° oder 2° belgisches MwStG, Art. 146 Absatz 1, a) und b) Richtlinie 2006/112/EG kommen, ist die tatsächliche Ausfuhr der Waren aus der EU nachzuweisen. Beide Regelungen nennen indes den Versand bzw. die Beförderung aus der EU als Voraussetzung der Mehrwertsteuerbefreiung. Der Nachweis der angeblichen Absicht des Verkäufers, die Waren zu exportieren bzw. der Nachweis des guten Glaubens des Verkäufers, der sich auf diese Absicht beruft, reichen nach belgischer Rechtsprechung nicht aus, um sich auf eine Befreiung berufen zu können (u.a. Antwerpen, 13. Dezember 1999, Act. Voorinfo, Nr. 369.3; Gent, 22. November 2005, Fisc. Nr. 1020,12). Es ist daher von großer Wichtigkeit, dass die tatsächliche Ausfuhr von Waren durch eine umfängliche Dokumentation, aus der sich die Vornahme des Exports ergibt, nachgewiesen werden kann. Zu dieser Dokumentation gehören unter anderem Bestellscheine, Beförderungsdokumente, die Zahlungsbelege sowie vor allem die Ausfuhranmeldung. Der aktuelle Beschluss der belgischen Behörde betreffend die explizite Nennung des „mehrwertsteuerrechtlichen Exporteurs“ und den „zollrechtlichen Exporteurs“ erscheint zwar als Detail, kann indes bei Nichtbeachtung schwerwiegende Folgen nach sich ziehen. Ein Verkäufer, der Exporte von Belgien aus durchführt, sollte daher besser kein Risiko eingehen und die korrekte Ausfüllung der Zolldokumente durch explizite Nennung des mehrwertsteuerrechtlichen Exporteurs anstreben.

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